Frühlingsouvertüre im Jagdschloss
lautete der Arbeitstitel dieses langen Wochenendes. Die Wetterprognosen und die Felsampel überschlugen sich mit frohen Vorhersagen, soviel zur Theorie, in der Praxis wäre: Deutschland ein Wintermärchen passender gewesen.
Je näher das Wochenende kam, desto kälter wurden die Vorhersagen und am Ende waren nur noch Qbi und ich willens den Unbilden des Wetters zu trotzen. Da ich Freitag schon frei hatte, bin ich zum Mittag in Richtung Sebnitz gestartet und habe den Abend entspannt bei Bier, einem Gläschen Talisker und Kaminfeuer in bester Gesellschaft mit mir allein verbracht.
Der Samstag begann planmäßig früh und da alles wie geplant funktioniert hatte, war ich gegen 9:00 Uhr am Wanderparkplatz an den Falkensteinhütten. Den Rucksack auf und losgemacht. Zwischenzeitlich war der Herr Q auch schon auf dem Weg und so konnte der erste Sporttag beginnen. Mein Weg führte mich am Falkenstein und am großen Schrammtor vorbei hoch zum gespaltenen Kopf, dessen AW *II ich mir gleich mal schnappte. Darauf hin folgte der Müllerstein über die Kaminvariante *II ebenfalls solo. Da ich mich mit Qbi am Frühstücksplatz treffen wollte und noch etwas Zeit hatte, musste auch die Drohne über den AW II erstiegen werden. Ich habe etwas im Gipfelbuch geblättert und erst mal eine Eintragung von Moritz und seinen Jungs aus 2019 gefunden, bis mein Auge, zuerst etwas verärgert, eine Zeichnung im Gipfelbuch fand. Das war allerdings keine Kinderkritzelei, sondern die Beschreibung einer Highline-Begehung, die ein paar Leute hier gemacht hatten: 120 m von der Drohne zum Onkel, mit dem Namen: „Entfernte Verwandte“ Hut ab allein schon vor der logistischen Leistung, die ein solches Projekt mit sich bringt.
Nach einer kurzen Mittagspause auf dem Frühstücksplatz trat dann der erwartete Onkel neben der Tante aus dem Dickicht. Zum Nachtisch haben wir uns dann noch den hohen Torstein über den Schusterweg *II geschnappt, alles bei konstanten Temperaturen unter dem Nullpunkt, toller Frühling.
Wir wollten noch etwas die Gegend erkundigen, als eine Familie gerade ihre Drohne vor dem großen Schrammtor auspacken wollte. Mir ist fast augenblicklich die Hutschnur geplatzt, ich konnte mich allerdings noch so weit zurückhalten, dass ich denen nur sagte, dass jeglicher Drohnenflug im Nationalpark verboten ist und dass es ja sinnvoll wäre sich vor solchen Projekten mal mit dem Luftrecht auseinander zu setzen. Die potenziell empfindlichen Bußgelder, die Qbi beschrieb, bewirkten ihr übriges und so hörten wir an diesem Tag nichts außer Wind und Vögel. Kurz danach standen wir vor der Geniesserspalte IV am Meurerturm und Qbi meinte, die müssten wir unbedingt noch machen. Was soll ich sagen, der feine Herr Q ist, elegant wie immer, in den Riss und diesen im Sprinttempo hoch. Wie auch immer er das gemacht hat, mein Körper wollte einfach nicht mit der rechten Schulter, wie es der Meister vorgemacht hat, drin halten. Linksgängig konnte ich mich dann wenigstens so weit verkeilen, dass ich Höhe gewinnen konnte und unter manchem kräftigen Stöhnen saß ich dann auch irgendwann, deutlich weniger elegant, über dem Riss. Was für ein Erlebnis, Danke Q. Ihr werdet es ahnen, der Tag endete mit vollem Bauch, einem Bier in der Hand vor dem Schlosskamin und es wurde smart geshittet, was das Wissen hergab.
Die Mission des Wochenendes lautete: Schließt die Lücken in Q`s Büchern und so war das Ziel des nächsten Tages erst Mal der Schreckensteiner Turm ganz hinten im Zschand. Gleich am Parkplatz wurden wir von einem älteren Pärchen angesprochen von wegen: ihr seit also aus Berlin, so weit, wieso den Sachsen, zum Klettern oder Wandern und heute noch zurück… Der Verweis auf den in Berlin freien Frauentag und damit dem langen Wochenende für uns, zauberte der älteren Dame dann ein Lächeln ins Gesicht. Den hätte sie sich auch schon rot im Kalender eingezeichnet, mal sehen, ob mein Mann daran denkt. Wir werden die Antwort darauf nicht erfahren, hörten aber noch etwas Geschichte, als die beiden erzählten, dass sie aus Sebnitz kommen und dieser Weg seit 1962 zu ihren Lieblingsrouten gehörten. Der Zustand nach dem Borkenkäferbefall machte beide traurig, zumal sie sicher nicht mehr erleben würden, wie der Wald sich wieder erholt. Was sie genau meinten sahen wir dann beim Zustieg. Die Szene hatte definitiv etwas Dystopisches, auch wenn wir eigentlich wussten was uns erwartet. Ich glaube so recht werde ich mich an diesen Anblick nie gewöhnen.
Wie auch immer, irgendwann standen wir am Fuß des Turmes und Qbi stürmte die **IV S-Kante mit eisigen Fingern hoch und ich hinterher. Auf den folgenden Gipfeln holten wir uns dann unsere Jahresersten. Den Dreiwinkelgrundturm schnippten wir über den AW II solo, den Dreiwinkelgrundwächter stieg Qbi über den *IVer AW vor.
Da wir Angst hatten, wir würden an diesem Wochenende zu wenig laufen, planten wir für den Montag die drei Gipfel unter dem Kipphorn als Ziel ein. Der Weg hoch quatschte sich so weg, dass ich schon an Nordic Talking, oder wie diese Sportart heißt, denken musste. Am Ziel angekommen stieg ich in den AW II am Kipphornwächter ein, um danach den Übergangsweg IV zum Zufallsturm zu gehen. Qbi kam danach im AW III der Wand am Kipphorn auf seine Kosten. Die hat es in sich und wieder einmal zeigte wie wenig objektiv Bewertungsskalen letztendlich sind. Immerhin wurde ein weiterer Jahreserster hier abgeräumt. Ein Ausflug zum Kulissenwächter vollendete die Wanderung, hier haben wir uns aber entschieden mal im Sommer wieder zu kommen, da es deutlich zu kühl war und eine schöne Verschneidung für sommerliche Tage da war. In der Abenddämmerung ging es wieder zum Jagdschloss zurück.
Zack Bumm und schon bricht der letzte Tag an. Ziel war der Uttewalder Grund und eigentlich sollte es die Kehllochscheibe sein, die aber nach Studium der Einträge im Teufelsturm abgewählt wurde. Der darauf angegangene Bergfalkenturm zeigte sich im AW III für Qbi von seiner widerlichen Seite. Wo im Führer ein Austiegskamin beschrieben wurde war ein garstiger Schulterriss, der auch ziemlich ungesichert eingestiegen werden musste. Ich konnte im Nachstieg dann draußen weiter hochspreizen, aber irgendwann musste ich ja auch in den Rissausstieg und so hatte ich dann auch meine Freude an dem Haufen. Beim Weitermarsch trafen wir dann auf ein Rudel rüstiger Rentner, die uns in ein Gespräch verwickelten. Der Rudelführer entpuppte sich als Ehrenvorsitzender des SBB (so seine eigene Aussage) und wurde erst entspannter, als Qbi ihm versicherte, dass wir brave DAV-Mitglieder im Allgemeinen und SBB -Mitglieder im Besonderen sind, schnell weiter… Der nächste Gipfel sollte der einsame Turm werden, dessen Zustieg nicht ganz so einfach zu finden ist. Immerhin haben wir die dazugehörige Quacke, das einsame Türmchen, auf diesem Wege solo entdeckt. Den AW IV am eigentlichen Turm, eine schöne Kantenkletterei im feuchten Biotop der Scharte, war wieder mir zugesprochen und so konnte ich mich nochmal austoben. Zur Belohnung gab es den 5ten Jahresersten an diesem Wochenende. Scheinbar hatten wir ein Händchen dafür Modegipfel zu meiden. Der Tag war noch jung und Q erzählte von der gelben Wand, dem letzten Gipfel in Wehlen, der noch fehlte. Es muss an dieser Stelle nicht mehr erwähnt werden, dass wir auf einer Mission waren, rein ins Auto, rüber zur Bastei und den Grießgrund runter. Ich hatte vollkommen vergessen, wie steil und lang dieser Weg ist. Bei jedem Schritt bergab dachte ich an den Rückweg, komisch eigentlich, oder? Qbi schnippte den AW III v.u.g. und so neigte sich ein wunderschönes Wochenende seinem Ende zu.
Fazit: Locker einen Marathon durch den Wald gelaufen, Q hat 9 neue Gipfel und ein paar Lücken weniger und ich kann mir 13 Neue ins Heft schreiben. Gute Stimmung, nette Kollegen und immer ein gut gekühltes. Mal abgesehen von den unterirdischen Temperaturen beim Klettern, war das Wochenende doch ein voller Erfolg.
Q und Volvo vom 04. bis 08.03.2022