Kulinarischer Alpen-Traum
Anfang August waren die Alpen angesagt. Micha und ich fuhren nach Österreich, in die Nähe von Innsbruck. Zusätzlich zu den Bergen waren Knödel, Kaiserschmarrn und Apfelstrudel starke Argumente, dorthin zu reisen. Nach sechs Stunden nächtlicher Fahrt ging es nach einer Leberkäsesemmel gleich an die Wand, in einen Klettergarten nach Putzen, wo wir in sehr idyllischer Umgebung, neben einem Wasserfall, ersten Felskontakt hatten. Sehr schön!
Am Folgetag lernte ich endlich mal das Ötztal kennen, wo wir an der Engelswand, in wunderbarem, rotem Granit kletterten. Micha hatte nicht so viel Spaß, aber für mich wurde es zu einem grandiosen Klettertag: Riss- und Verschneidungsklettern in hervorragendem Fels, in dreißig Meter langen Seillängen. Das war Genuss und Herausforderung wie ich es mag. Die Routen waren durchgehend knackig und furios und keinesfalls geschenkt. Hier zahlte sich das Risstrainig aus. Granit fetzt!
Und die Hände sahen hinterher aus, als wäre die Katze der Wirtin über mich hergefallen.
Dann war ein Ruhetag nötig, an dem wir oberhalb des Ötztales zu einer Alm wanderten, um durch dümmliches Touristengelaber etwas zu leiden und uns an Marillenschnaps und Strudel zu laben. Was für eine Landschaft! Überall bimmelten die Kuhglocken und holten die Bauern das Heu von der Alm.
Dann war es aber genug mit der Ruhe und am nächsten Tag wurde um sechs aufgestanden und zur Alpspitze gefahren. Mit der Seilbahn gelangten wir von Garmisch zur Alpspitzhütte. Von da querten wir per Nordwandsteig zu den Touren. Dummerweise war die Route unserer Wahl belegt, sodass wir auf den „Sonntagsausflug“ (280 m, UIAA 5+) ausweichen wollten. Aber, oh je, auch hier waren Kletterer am Werk. Gottseidank fiel ihnen der Einstieg zu schwer und sie seilten wieder ab. Damit war die Bahn frei für uns. Die Seillängen hatten jeweils um die 40 Meter. Gleich in der ersten hatte ich einen Verhauer, den Micha ausbügeln musste. Dann verlor ich eine Exe, die aber wieder gerettet werden konnte. Helden der Berge! Die Kletterei war sehr schön und spektakulär und führte aufs „Herzl“, eine markante, normalerweise schneebedeckte Stelle unterhalb der Gipfelausstiege. Statt Schnee gab es viel Geröll, über das wir zum Klettersteig querten, wo wir in atemberaubendem Gelände wieder abkletterten. Als Belohnung gönnten wir uns auf der Hütte Apfelstrudel mit Vanilleeis und anschließend noch Spanferkel-Burger, Leberknödelsuppe und Kaiserschmarrn am Bergfuß.
Am Montag schauten wir mal im Zillertal vorbei. Es war unglaublich touristisch. Nachdem wir uns in ruhigere Gefilde vorgekämpft hatten, erwarteten uns im angepeilten Klettergebiet zwar sehr schön gelegene Granittürme, an denen aber zu unserem Entsetzen Heerscharen von papageienartig gekleideten Sportkletterern mit Kind, Kegel und Campingausrüstung herumwimmelten. Schauder! Schnell weg!
Dort hielt uns nichts! Ab zur nahegelegenen Hütte, zu Kaiserschmarrn, Speckknödeln und Bier! Zur Verdauungsförderung wanderten wir dann in Richtung Berliner Hütte. Am Straßenrand saß ein Boulderer neben einem 2,5-Meterfels auf dem Boden und versuchte sich an den Sidepulls und Slopers auf den Gipfel zu moven. Das imponierte uns gewaltig und wir checkten die Blocks im nahe gelegenen Flussbett. Wir konnten dort einige Neubegehungen und Projekte bis Fb 6c+ probieren, die wir u.a. „Lohn der Angst“, „Terminator“ und „Dibonakante“ tauften. Wir waren derart euphorisiert, dass es uns unverständlich erschien, dass Menschen in irgendwelchen kilometerhohen Felswänden herumhingen, wenn direkt daneben wunderschöne Sitzstartboulder ihrer Erstbegehung harrten. Leider fehlten das gewohnte Hallenfeeling mit lauter Elektro-Musik und eine motivierende Boulder-Community, die uns anfeuern konnte: Allez! Venga! Auf geht’s!
Micha wanderte danach noch etwas weiter, während ich vorzeitig den Rückweg antrat, um im einsetzenden Regen noch ein paar Blaubeeren zu sammeln. Abends kochten wir ausnahmsweise einmal selber.
Dann war es schon wieder Abreisetag, an dem wir noch einen Ausflug in den Klettergarten Nassreith unternahmen, wo wir bei sengender Hitze noch eine leichte 6-Minus Mehrseillängenroute rissen und wir in der zugehörigen Sportkletterwand feststellen konnten, dass die Bewertungen von leichteren Routen durch Zehnerkletterer nicht immer der Realität entsprechen. Spaß gemacht hat es aber trotzdem und so
beendeten wir den Kurzurlaub mit einem Hendl mit Brezen in Garmisch und fuhren zurück in die große Stadt.