Der September ging für mich ziemlich blöde los und so entschied ich mich Anfang der Woche nach Sachsen zu fahren und den Kopf freizubekommen. Holger war sich nicht zu schade mich zu begleiten und so ging das Abenteuer donnerstags abends in Karlshorst los. Nachdem alles Notwendige vor der Tür stand, machte Holger noch eine Biege in seinen Weinkeller, ich war platt. Hier kann man locker den Weltenuntergang aussitzen. Nur mit den nötigsten bestückt fuhren wir ruhig und ereignislos gen Gohrisch.
Wie immer läuteten die Glocken früh, der Nachhall im Schädel war erträglich, aber deutlich spürbar. Da sich ein heißer Tag anbahnte wurde schnell der Uttewalder Grund ausgewählt, Also den Elch gesattelt und los. Einstieg war der Wanderweg am Kehlloch, also ließen wir die Büchse auch dort stehen. Da Holger seinem Fuß noch nicht ganz traut, war das scharfe Ende des Seiles an diesem Wochenende mal exklusiv für mich bestimmt, auch eine schöne Erfahrung.
Kaum im Wald trafen wir ein Rudel Waldarbeiter, die in breitestem sächsisch während ihrer Pause quatschten. Ein paar Meter weiter waren wir dann gezwungen vom geplanten Weg abzuweichen, da uns Schilder unmissverstehlich aufforderten die Wege nicht zu benutzen. Nun, wie soll ich sagen, wir fanden alternative Routen zur versteckten Spitze (GB 1984), die als erstes auf dem Plan stand. Der Bergweg II machte wenig Anstalten uns zu widerstehen und so konnten wir uns schnell auf die Abseilpiste machen.
Es sollte ein Wochenende mit relativ alten Büchern werden. Weiter ging es zum AW II* des Steinernen Bären und zum AW IV der Höllgrundscheibe (GB 1979). Beides gelang ohne weitere Vorkommnisse und so wollten wir uns mal den Zwölfer (GB 1979) anschauen. Ich war noch nie da, habe aber immer voller Respekt die Wegbeschreibungen im Klefü gelesen. Na ja, der AW VIIa (VIIc) sieht schon komisch aus. Mit Tiefblick hoch über der Scharte beginnend, aber mit einem klasse Ring unterhalb der Schwierigkeit, man könnte ja mal… Nach kurzem Palaver baute Holger ein solides Sicherungsdreieck für sich als Baumann auf und bedachte auch noch mich zu sichern. Es ging schneller als gedacht, und ich stand drüben und klippte den Ring. Das war ja wieder mal was für mich, hoch antreten, ach wie ich das liebe. Nach ein paar Trockenübungen war die Choreografie eigentlich klar, gab ja auch nicht so viel zum Anfassen, und beim zweiten ernsthaften Versuch gelang unser Unterfangen. Was für ein Gefühl!!!
Auf dem Rückweg haben wir uns noch die Kehllochscheibe angesehen, dann wegen der einsetzenden Dämmerung aber abgewählt. Wir hatten das Auto gerade erreicht, als ein aufgeregter sächsischer Kletterer auf Holger zutrat und erzählte, dass irgendwelche Spackos ihm den Kat unter dem Auto weggeschnitten und mitgenommen hatten. Was für Vollpfosten doch auch dort rumschleichen (ich meine ausdrücklich nicht den Kletterkameraden!!). Nun, die Polizei war allarmiert, wir hatten nichts gesehen, also auf zum Wein. In der Sekunde als mein Zündschlüssel auf Stufe 2 gedreht war blickten wir uns ungläubig an, der Elch röhrte als ob er in der Brunst ist. Die Penner hatten den Kat eines 27 Jahre alten Wagens geklaut!? Scheinbar sind die Diebe überrascht worden, da das relevante Bauteil noch unter dem Auto lag. Mein Kopf quoll über: Wie sollen wir nach Gohrisch kommen, wie morgen zum klettern und wie zurück?? Irgendwo in den Windungen meines Hirnes war der rettende Gedanke abgelegt, Thomas W. schraubt doch an Autos. Holger rief ihn sofort an, er war zuhause und war bereit uns zu retten. Also sind wir mit dem röhrenden Elch die 15 km gen Norden gerollt um Thomas breit grinsend vor seiner Garage zu treffen. Die Operation am offenen Auspuff gelang dem Herrn Mechaniker in glanzvoller Zeit und mit einem perfekten Ergebnis. Der Elch war deutlich leiser und das Rohr würde nicht mehr abfallen. Nach getaner Arbeit fanden wir uns Benzin quatschend in einer weiteren Scheune wieder und bewunderten die Schätzchen, denen Thomas neues Leben eingehaucht hat. Respekt, Respekt. Der Abend endete in einer kleinen Weinverkostung.
Samstag, der letzte Klettertag an diesem Wochenende für uns, sollte im Hirschgrund stattfinden. Auch hier hatten wir noch Löcher zu schließen, auch hier war Schatten zu finden. Diesmal haben wir den Wagen allerdings auf den Basteiparkplatz abgestellt, erschien uns sicherer. Nach kurzen Wegirrungen fanden wir den steilen Abstieg und den ersten Gipfel des Tages, den hinteren Hirschgrundturm (GB 1979). Der Zugang der Wahl ist die Südostvariante V zum AW, der aus uns nicht bekannten Gründen keinen Stern hat. Eine tolle Bergfahrt mit spannender Querung in die Ausstiegsrinne. Immer gut gesichert, aber auch mit Bauchkribbeln. Der folgende Wilddieb wurde über die Südostkante IV erstürmt, bevor wir zum Scheißgipfel des Wochenendes kamen, den mittleren Hirschgrundturm mit seinem Südweg IV. Wahrscheinlich habe ich mich einfach blöd angestellt, das Wasser neigte sich dem Ende und die Sonne tat das ihre dazu mir alle Kraft zu nehmen. Mit purem Willen und dem einen oder anderen Tropfen Opferblut aus jedem meiner Extremitäten erreichte ich den Gipfel und war fertig. Holger folgte schnell, wohl weil er sein Heil nicht im Kamingrund gesucht hat. Die Luft war raus, aber es sollten noch zwei weitere Gipfel fallen. Der vordere Hirschgrundturm machte mit seinem AW II wenig mühen, auch wenn der Kamin im Mittelbereich mich kurz zum Nachdenken brachte. Als Dessert des Wochenendes wartete noch der Scherge mit dem Talweg IV vom Block aus, den ich mir alleine holte, da Holger diesen schon abgesammelt hatte und ebenfalls völlig leer war. Wie die Zombies wankten wir aus dem Wald. Kurzerhand entschieden wir uns erst Sonntag früh zu fahren und so gelangten wir noch zu einem tollen Abschlussabend.
Vielen Dank und gerne mehr davon.
Nachtrag: Es ist Freitag und heute bekam der Vollie noch mal die volle Aufmerksamkeit, Arne hat den Kat richtig eingeschweißt und das gute Stück schnurrt wieder ganz ruhig. Auch hierfür vielen Dank