Endlich frei! Endlich Frühlingswetter! Endlich Sachsen! Rein ins Auto und ab nach Süden. Dieses Jahr wollten wir nicht bis Juni warten, um mal die Hände an den Fels zu legen. Micha und ich (Frank) düsten also in den letzten Märztagen hinunter ins Elbi, um kühne Heldentaten zu vollbringen, wagemutige Anstiege zu meistern und den ruhmreichen Kampf, Mann gegen Fels und die Urgewalten der Natur erneut zu beginnen und unerschrocken der Gefahr ins Angesicht zu …
Oh, Micha ist schon wieder eingenickt …
Um es etwas abzukürzen: Jedenfalls fuhren wir zum Pfaffenstein und machten uns auf, zum Förster und zu den Zwillingen. Leider waren letztere gesperrt, sodass es zunächst einmal entspanntes Einklettern am Förster („Südwestweg“), Vierling („Maiweg“), Fritschfels („Westkante“), Orgelpfeifenwand (AW) und dem Wilden Turm (AW) gab, damit sich die zarten Spülhände wieder an das raue Sandgestein gewöhnen konnten.
Das erste Abenteuer des Tages gab es beim Zustieg durch die feuchte Taubenschlucht mit vollem Gepäck und 80-Meter-Seil, als wir einen möglichen Absturz nur durch reaktionsschnelles Nutzen von herumliegendem Geäst, als Rettungsanker abwendeten. Erst als es bereits dunkelte zogen wir uns in die Boofe zurück und beendeten mit Tortellini und Eierlikör den ersten Klettertag.
Der Dienstag startete erst einmal mit Magengrimmen bei Frank und deshalb noch einem Vormittagsschläfchen nebst ausgedehntem Frühstück, mit Blick auf die Bastei. Pünktlich 13 Uhr konnte es dann frisch gestärkt losgehen. Aber ach! Am Gorisch tummelte sich Kind und Kegel, was unserem, an diesem jungen Morgen etwas phlegmatischen Zustand nicht unbedingt zuträglich war und nicht eben die allerdynamischsten Lebensgeister weckte. Am Zwergenfels mussten Wartemarken gezogen werden, während auf dem Gipfel ein Getümmel, wie auf dem Oberhofer Bauernmarkt herrschte. Mit Grausen wandten Micha und ich uns ab, nahmen noch schnell den Muselmann mit (AW und „Südkante“) und eilten schnurstracks zum Papst, wo uns wohltuende Ruhe umfing. Auch hier ließen wir es langsam angehen, kletterten erstmal den AW und diverse Nachbarkamine rauf und runter und wandten uns dann der sonnendurchfluteten Südseite zu, wo uns die grandiose Route „Abendmahl“ RP gelang. Großartige Tour! Dann war aber der Elan auch schon wieder erschöpft und nach einem genüsslichen Abendbrot in der Abendsonne war der Klettertag um halb sechs auch schon wieder beendet. Da wir uns für den nächsten Tag mit Heiko an den Hunskirchen verabredet hatten, ging es zeitig in die Schläfsäcke, um am Mittwoch frisch ausgeruht zu sein, für die harten Felsprüfungen, die der neue Tag bringen mochte.
Dass frühes Schlafengehen nicht zwingend auch ein frühes Aufwachen bedeutet, erfuhren wir am folgenden Morgen. Es wurde dann doch wieder elf, bis wir uns mit Heiko am Parkplatz am Gohrisch trafen. Flugs wurden die Säcke auf den Rücken geschnallt und die große Hunskirche ins Visier genommen. Ein wahrlich imposanter Felsen!
Interessanterweise waren wir die ersten Anwärter an diesem Tage und hatten somit freie Routenwahl. Wahrscheinlich waren wieder alle an der Narrenkappe und am Zwergenfels. Wir entschieden uns für die „Südkante“, die Heiko in Windeseile emporstürmte, uns nachsicherte und damit den ersten Gipfelerfolg des Tages einläutete. Großartiger Blick, großartiges Wetter, großartige Tour!
Derweil der Micha nachstieg, hatte ich schon mal ums Eck gelinst und die Nordwand in Augenschein genommen. Nach dem Abseilen verlegten wir unser Lager dorthin und versuchten uns darüber klar zu werden, welche Route denn nun welche war. Ich hatte meine begehrlichen Blicke auf die „Vollständige verlorene Illusion“ gerichtet, war mir aber nicht ganz sicher, ob das auch tatsächlich gehen würde. Das sah schon etwas furchteinflößend aus. Aber was soll´s! An Sicherungsmaterial nahm ich nur das absolut Notwendigste mit, was bedeutete: Ab in die Weihnachtsbaumverkleidung. Aber alle Sorgen waren unberechtigt. Die Route strafte ihren Namen Lügen und entpuppte sich als grandiose Sanduhren- und Henkelparade, bis zum Gipfel. Wunderbar und höchst empfehlenswert! Heiko zog sie auch gleich noch durch und teilte meine Begeisterung, als wir auf dem sonnigen Gipfel ruhten.
Da wir schon mal da waren, gingen wir direkt rüber zur kleinen Hunskirche.
Irgendwie lief es gut an diesem Tag. Und weil man ja nun mal die Welle reiten soll, wenn der Bartel den Most holt, suchte ich das „Foulspiel“ als Wunschroute heraus. Großartig mit Schlingen, Affenfäusten und Einlitzern behängt, ging es hinein ins Abenteuer. Leider bemerkte ich erst bei der ersten Sanduhr, dass ich keinerlei Bandschlingen dabei hatte und diese aber dummerweise, neben zwei Ringen, die einzigen Sicherungspunkte darstellten. Erst versuchten wir es mit der klassischen Wurf- und Fangetechnik, die leider nicht fruchtete, auch nicht, als Heiko zur Beschwerung noch Exen mit einflocht. Nun war guter Rat teuer. Gottseidank kam er auf die Idee, seine Riesenexe (oder echse?) als Materialtransportmittel einzusetzen, was auch gut gelang. Brillianterweise verlangte ich nur nach einer Schlinge, sodass es an der nächsten Sanduhr das gleiche Dilemma noch einmal gab. Helden der Berge, sage ich da nur. Am zweiten Ring kam die leicht überhängende Schlüsselstelle an schmalen Leisten. Da hieß es kräftig durchziehen und das zarte Popöchen zusammenkneifen.
Heiko ging als zweiter, entdeckte noch einen Untergriff, der den Zug am ersten Ring etwas erleichterte und gesellte sich alsbald souverän zum Gipfelglück hinzu. Micha wollte es ebenfalls wissen und biss sich tapfer nach oben durch. Da saßen wir nun, rundum zufrieden, seilten alsdann ab und genossen die Abendsonne.
Donnerstag war dann schon wieder der letzte Tag. Kinder, wie die Zeit vergeht! Frühstücken, aufräumen, losfahren. So langsam kamen wir in Schwung. Wieder ging´s zum Gohrisch. Heiko leitete den Tag mit der „Narretei“ an der Narrenkappe ein, wo sich auch zeitnah die ersten Schaulustigen einstellten. Micha ging souverän hinterher, ich ebenso; und so saßen wir schon wieder auf dem ersten Gipfel des Tages.
Die Ruhe nutzend stieg ich kurz darauf den sehr schönen „Zwergenaufstand“ am Zwergenfels vor, der Heiko so gut gefiel, dass er ihn gleich noch einmal seilfrei beging. Bereits bei Michas Aufstieg setzte sich am Fuß des Felsens eine interessierte Familie in Position. Das ist doch schöner als Fernsehen! Nur die Chipstüten fehlten noch.
Also schnell die Flucht ergriffen und ab durch die Mitte zur Gohrischscheibe (eines der wenigen Wörter mit Doppel „sch“). Sah von der Talseite irgendwie etwas beeindruckender aus als vom AW her. Hm …
Wir hatten die Wahl zwischen der „Osthangel“ und der „Talseite“. Die Wahl fiel schließlich auf die letztere, einfach weil ich dort mehr Absicherungsmöglichkeiten erspähen konnte. Sah von unten ganz schön nach grober Leberwurst aus. Handriss, Hundebahnhof, Handriss, Hundebahnhof, Handriss … Naja. Von nüscht kommt nüscht, also rein in die Risshandschuhe und ab nach oben. Die Handrisse waren erwartungsgemäß super und die Hundebahnhöfe erwartungsgemäß unangenehm. Gottseidank lagen ein paar Dauerschlingen. Das macht den Knieklemmer gleich angenehmer. Wobei ich aber sagen muss, dass ich den zweiten Hundebahnhof, vor dem Ring, wesentlich entspannter fand als den ersten. Mit einem beherzten Hangelzug an der rechten Risskante ging es im zweiten echt gut und der Ring war einfach zu klinken, während man im ersten ganz schön im Sand und im lockeren Gebrösel rumwühlen musste. Wegen der Routenlänge kam Heiko zum ersten Ring nach, während Micha unten die Sicherungsarbeit übernahm.
Der Fels legte sich nun etwas, während sich der Riss dummerweise gleichzeitig verbreiterte. Da stand ich nun, über der letzten Sicherung und kam nicht an die rettende Sanduhr, links, etwa 10 cm von meinem ausgestreckten Arm entfernt. So nah und doch so weit. Ich erinnerte mich an Heikos Rat „Wenn du nichts legen kannst, klettere einfach weiter; da kommt schon wieder was.“ Und siehe da, es kam etwas. Jetzt ging es zügiger voran, durch die Wand zum Absatz. Puh! Geschafft. Noch ein letzter unangenehmer Zug über den Überhang vom AW und rein ins Gipfelglück. Kurz darauf stieg Heiko mit gekonnter Risstechnik nach. An meinen Armklemmern muss ich wohl noch etwas feilen. Der Gipfel war genauso schmal, wie er von unten ausgesehen hatte. Außerdem wackelte der Gipfelblock ein wenig, was uns bewog, relativ schnell abzuseilen. Micha schoss von unten noch ein paar Gipfelfotos und zeigte wenig Lust, in die Route einzusteigen. Schließlich hatte er seiner Frau versprochen, diesmal gesund wieder nach Hause zu kommen. Großartige Route!
Für Heiko war es dann Zeit, aufzubrechen. Micha und ich stiegen hinunter zum Findling, dem letzten Gipfel des Tages. Dieser entpuppte sich als kleiner, aber feiner Genussgipfel mit handfreundlichem Fels und henkligen Plaisiertouren. Das hat zum Schluss noch einmal richtig Spaß gemacht. Nach „Südostwand“ und „Wändchen“ war dann wirklich die Luft raus. Noch ein kurzer Plausch mit der anwesenden Kletterfamilie (bis auf den noch minderjährigen Enkel kletterten einfach alle, der Vati, die Mutti, Oma und Opa – großartig!) und dann war es auch für uns Zeit, Abschied zu nehmen. Es war ein wirklich gelungener Ausflug.
Bis hoffentlich bald!
Frank T.