Da Chrille und ich uns beruflich den Freitag freinahmen, ging es Donnerstagabend mit vollem Gepäck Richtung Sächsisches Felsengebirge los. Mit zunehmenden Autobahnkilometern verblasste der Alltag und die Stimmung wandelte sich spätestens in Pirna am Rostbratwurst-Drive-In, wo wir uns noch einmal stärkten.
In Schmilka wurden die "Schweine" (ugs für schwere Kletterrucksäcke) gepackt. Hinzu kamen 2 Sechserpacks Wasser, 2 Flaschen Bitter Lemon, 1 Flasche Wodka sowie 2 Flaschen Wein, also gut 24 Liter. Nach den ersten 50m und den ersten Hüftschmerzen, sowie den ersten Schweißtropfen kamen uns Zweifel, wie wir die Schweine nun zur Boofe schaffen sollten.
Wie war das - Schweiss ist Schwäche, die den Körper verlässt... na gut. Und so stapften wir an den letzten einsamen Häusern vorbei in den dämmrig werdenden Wald. Kurze Pause nach der Zwieselhütte auf einer Bank und letzter Blick in die Karte, wo es denn nun zur Boofe abgehen sollte. Noch ein Kilometer weiter und wir standen nun komplett durchgeschwitzt im dunklen Wald, mit einer vagen Ahnung, wo doch die Boofe nun sei. Doch diese im Dunklen zu finden war nicht leicht. Nach einer 20-minütigen Suche meinerseits entschieden wir uns doch für die besser auffindbare Bussardboofe. Also Schweine geschultert und die Heilige Stiege hinauf, 3 Klettermeter zum Band der Boofe und wir ließen glücklich die Rucksäcke in den Boofendreck gleiten. Der Wein, der Wodka und der Rum von zwei jungen anderen Boofern, sowie die trotz der Dunkelheit grandiose Aussicht entschädigten den Aufstieg sofort.
Am Freitag sollte es zu den Winterbergspitzen gehen. Diese hatte ich 17 Jahre umgangen, da dort ein Bekannter im Alten Weg V an der Oberen abgestürzt war, dementsprechend hatte ich Respekt vor der Route. Nachdem die senkrechte Sanduhr in ca. 4m Höhe gefädelt war, ging es hoch und weitere ca. 7 Schlingen folgten. Insgesamt eigentlich ein sehr schöner Weg. Man sollte jedoch die Schlingen sauber legen. Nun zur Unteren Winterbergspitze, wo Chrille den AW VI souverän vorstieg.
Nach einer Stärkung mit Würstchen wollte Chrille sich noch das Doppeltürmchen holen. Über die NO-Kante, konnte er sich den Gipfel und seine zweite VIIa im Vorstieg erobern.
Glücklich ging es zurück in die Boofe, wo uns eine unangenehme Überraschung erwartete, 25 Leute hatten ihr Nachtlager dort aufgeschlagen, so dass eine fast flächendeckende Isomatten-Schlafsack-Schnarcher-Schicht den Boden bedeckte. Wir ertränkten unser Unglück über die verflossene Ruhe im Wein.
Sonnabend ging es zu den Schrammsteinen. Der AW VI an der Wetterhaube wehrte sich erfolgreich mit Blendsonne gegen meine diversen Versuche höher als 3m über den Ring zu steigen. Schließlich war auch die Moral hinüber. Als erster Gipfel des Tages wurde schließlich der Onkel über den schönen AW V (ist im neuen Führer hochgestuft worden) mit 2 Ringen von Chrille im Vorstieg erklommen. Im Anschluss daran folgte ein anstrengender IIIer-Kamin auf den Neffen, sowie eine IIIer-Übertrittfolge über den Bergweg auf die Nichte. Zurück in der Boofe war die Gesellschaft inzwischen auf knapp 30 Leute angewachsen, die auch noch unsere Schlafplätze ins unangenehme verlegt hatten. Dabei hatten wir doch gerade hier nach Ruhe und Natur getrachtet und nicht nach Massenunterkunft mit Klopapier in jedem Winkel. Wir beschlossen das nächste Mal wird wieder eine einsame und altersgerecht zu erreichende Boofe aufgesucht.
Sonntag ging es den angenehm zu kletternden NO-Kamin für III auf die Gerbingspitze, Chrille folgte. Nun zu einem Hauptziel dieses Wochenendes: Der Bonbon konnte über die Variante mit Übertritt für V erklommen werden, verglichen mit dem Lok-Überfall fand ich es anspruchsvoller. Chrille holte sich noch schnell den Pfadfinder im IIer AW barfuß. Nun seilten wir uns die Stiege hinab zum Fuß der Fluchtwand, da der Flüchtling ja auch noch auf dem Pflichtprogramm stand.
Der Einstieg über die ziemlich hohl klingende Rippe vom Normalweg war sehr schön, der folgende Schulterriss fand im Klefü und bei Teufelsturm keine Erwähnung, muss aber auch erstmal für V erklettert werden. Naja ich fand eine 5er einlitzige Sicherung und eine Mini-SU rechts des Risses. Im Kamin wurde nachgeholt, den Kamin selber holte sich Chrille im Vorstieg und mich an einem breiten Band nach. Das letzte Drittel fiel wieder mir zu und so schlich ich am R der Westkante vorbei in die wunderschöne SW-Reibungswand, die den Kamin vergessen ließ. Das nächste Mal unbedingt irgendwo einen Fotografen positionieren! Die letzte Reibungskante lässt sich nochmal gut mit zwei SU sichern. Berg Heil auf diesen Gipfel und auf das ganze Wochenende. Vom Gipfel ging es zwei Abseilen hinunter, dann Sachen gepackt, einen letzten Apfel gegessen (Kinder, immer Händewaschen vorher!!!) und ein letztes Mal die Heilige Stiege hinauf zur Boofe um unsere Reste einzusammeln.
Also die Aussicht von hier ist schon grandios, aber man sollte auf jeden Fall Wochenenden hier oben meiden! Die Hälfte von unserem Pfand haben sich die freundlichen Mitboofer auch genommen, den Glasmüll blieb stehen, vielen Dank auch und ab nach Hause...
Bericht von Ingo 28.06. - 01.07.2018