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Sommer, Sonne, Kaktus – Plaisierklettern im Elbsandstein erlebt von
Steffen und Paula im Juni 2023

Eigentlich wollten wir ins Oberreintal, aber das Wetter gibt uns die Richtung vor: „zu Hause“ sieht es besser aus und so leuten wir das Wochenende Donnerstag Nachmittag mit einer Runde Eis in Pirna ein.
Die Liste möglicher Kletterziele reicht von schweren Gipfeln über Sammelei – zu zweit, mit langen Tagen und tollem Wetter schreit das nach einem anstrengenden Wochenende. Das Eis essen wir im Auto...nur
keine Zeit verlieren!

Heute geht es noch in den Dom – ist ja lange hell. Domwächter und Rohnspitze, normalerweise ein Tagesausflug. An den tollen Wegen mit großem Namen steht hier eine 8 davor. Voller Übermut versucht Steffen sich am Reitzweg – und traut sich dann doch nicht. Mit Spreizweg auf den Domwächter und den Übergangsweg auf die Rohnspitze sind dann beide erklommen und zur Entspannung geht es noch an den Küster. Der erste Nachmittag macht Lust auf mehr, wir springen in den gerade noch offenen Lidl (wann geht man eigentlich einkaufen, wenn man plant,
7-22 Uhr zu klettern?!). Nun noch fix die Vorräte auffüllen, kochen, Bette gehen.

Freitag klingelt der Wecker zeitig und die lange Trockenheit lockt uns nach Rathen. Das Frühstück verlegen wir wie nun jeden Tag nach einem kurzen Stopp beim Thürmsdorfer Bäcker ans Elbufer. Nur keine Zeit verlieren beim Warten auf die Rathener Fähre!

Die heutigen Ziele sind beeindruckend ambitioniert. Niemand von uns beiden weiß so recht, wie wir dort hochkommen sollen... Kurz darauf am Wandfuß schauen wir eingeschüchtert auf Reh und Langen Israel. Der Lange Israel ist bei Steffen schon länger in Erinnerung. Vor über 20 Jahren durfte er Henry aus seiner damaligen Studenten-WG den Alten Weg nachsteigen. Da hatte er gerade erst mit Klettern begonnen – und der Alte Weg ist steiler VIIb-Riss… Im wahrsten Sinne: blutiger Anfänger. Steffen wusste damals nicht ansatzweise, wie man Risse klettert und schon gar nicht, wie das in 7er Rissen sein könnte.
Zerschunden und völlig fertig hat er noch lange von dem Erlebnis geträumt. Jetzt hat Paula diesen tollen Weg auf die Liste gesetzt und mit den Ufos und Handschuhen im Rucksack hat Steffen wohl übermütig zugesagt. Also doch lieber erstmal auf das Reh klettern...
Die wundervolle Fügung ergibt, dass Steffen und Paula sich in unterschiedlichen Rissbreiten unterschiedlich wohl fühlen. Und so werden wir uns das Wochenende gerecht aufteilen: Paula bekommt alles zwischen Schulterriss und breitem Kamin, Steffen alles, was weniger breit ist. Auf das Reh muss also Paula anfangen. Unten gibt es ein sandiges Schmankerl aus Schulterrissverschneidung und Kamin. Oben muss Steffen dann ran. Wir beide sind über diese Aufteilung sehr froh und zur Belohnung gibt’s eine Jahreserste. „Das Reh springt hoch, das Reh springt weit – macht ja nichts, hat ja Zeit“ fällt Steffen spontan ein. Durchaus passend. Nur leider, leider...das war der Spruch des letzten Jahres. Was wir letztendlich reingeschrieben haben, wissen wir nicht mehr.
Wieder unten steht der Lange Israel immer noch da. Oh je. Steffens Erlebnis kann er am besten selbst schildern: Komplett behangen geht es bis zum Baum mit Übertritt in den Riss. Da stehe ich erst. Später hänge ich am ersten Ufo und überlege was ich hier eigentlich mache. Irgendwann ringe ich mich durch. Rechte Hand rein, Linke drüber, Fuß rein und los – 1m hoch und zum Glück kommt immer wieder was zum Legen. Man ist das anstrengend und mit viel Willen, Pausen und dann doch etwas klettern arbeite ich mich den Riss hoch. Respekt vor den vielen die es können und hier nur mit Schlingen und flüssig kletternd hochfliegen. Endlich am Ring und nun ist es gelaufen. Wir beide brauchen eine kurze Auszeit. Paula ist beim Sichern zwar nicht langweilig geworden, aber kalt (Anm. d. Red.: „Zu!“, „ok, geht weiter, ach ne, nochmal zu“, „weiter“, „ZUUU!“, ...). Der Rest ist schnell geschafft und ich bin glücklich es geschafft zu haben. Paula kann den Weg im Nachstieg genießen – und ich den Platz an der Sonne.
In der Mittagspause halten wir nach neuen Zielen Ausschau. Das nächste Paar sind Rudolf-Holtz-Turm und Basteischluchtturm. Steffen sammelt schnell zwei Säcke ein. Jetzt ist Paula am Zug mit einem Leckerbissen von Kamin. Mit dem Finger könnte man ein Loch in die butterweiche Wand popeln. Oben wird es zum Glück besser. Und schmöckern dann im alten Buch. Am Basteischluchtturm wartet als verbliebene Möglichkeit eine 30m Rissverschneidung auf, die weder Riss noch Verschneidung sondern
eher ein enger Kamin ist. Zum Glück funktioniert die Kombination wieder super. Paula hat Spaß im Kamin und Steffen kann die Kante oben genießen. Ein letzter Blick von und auf die Touries auf der Bastei und jetzt haben wir immer noch Zeit. Der Verlorene Turm und die Biene sind die nächsten Ziele. Diesmal haben wir keine Ahnung was uns erwartet und sind erstaunt, dass um die Ecke noch so ein gewaltiger Turm steht. Für uns nur mit Überfall oder Übertritt machbar. Von unten kommt nur der Normalweg in Frage. Paula ist begeistert vom Riss, der Hand- bis Faustbreite hat (=Steffens Part) von unten wirklich gut aussieht. Nur gut, dass Steffen mit Ufos klettert, sonst wäre für ihn an diesem Sandhaufen Schluss gewesen. Also schlecht war der Riss nicht, aber er braucht noch viele Begehungen, um sauber zu werden. Am Ende vom Riss überrascht uns eine der Überraschungen vom Wochenende. Dank der spendablen Besucher der Bastei können wir uns das Parken und Frühstück für die nächsten Tage finanzieren. Wir sammeln eine Stunde und haben am Ende etwa 50 Euro in über 20 verschiedenen Währungen. Nun aber Schluss mit lustig - wir sind am Überfall bzw. Übertritt. Die spinnen die Sachsen. Es sieht so weit und tief aus. Weiter als der Lok-Überfall. Also sammeln, beruhigen, 3 2 1 - schnips. Ging dann doch leichter als gedacht. Nun haben wir 5 Gipfel, wovon fast jeder für sich ein Tagesziel wäre. Rundum glücklich und fertig - essen, bettegehen. Eigentlich kann es doch kaum noch besser kommen.

Am nächsten Tag zieht es uns nach dem schnellen Frühstück an der Elbe zu den Türmen mit „Wolf“ am Anfang. Nadel, Turm, Falle, Spitze ... einer ungängiger als der andere und nach dem Tag gestern wollen wir es eigentlich etwas gemütlicher angehen lassen. Wir finden uns nach der Erwärmung im Baummikado an der kurzen und entspannten Gamshornspitze (Talweg V) und dem Hentzschelturm (AW !V) wieder. Perfekt als Einstieg in den ruhigen Tag. Dachten wir... aber wir sind oben angekommen. Nach wirklich schönem Kamin und Riss das Déjà-vu in der Rinne am Turm. Nix passiert & alles gut. Nur gut dass es dann Wege wie den Seibtweg (V) gibt, der zeigt, wie entspannt man Sternchenwege hier im Gebirge klettern kann. Auch hier wird wieder artig geteilt: Steffen bekommt die Reibung, Paula den engen Ausstiegskamin. Wir wandern weiter, um zu sehen was uns an den nächsten Gipfeln der
Affensteinkette noch so erwartet. Schon fast im Sammlermodus freuen wir uns über kurze, leichte Gipfel als Erholung von gestern. Doch stopp: Drüben im Alten Weg des Friensteinwächters (o.U. VIIIb) ist eine Seilschaft. Den schaffen wir nie im Vorstieg - sollten wir vielleicht mal fragen, ob unser Seil mit hochgenommen werden könnte? Wer nicht wagt der nicht gewinnt. Also schnell hin und vor Aufregung fast noch vor den Einstieg gestolpert...
Wir haben Glück. Zwei von der Seilschaft sind noch unten. Wir fragen und ziehen den Hauptgewinn. Wir dürfen mitmachen und kommen aus dem Grinsen nicht mehr raus. „Wie Geburtstag und Weihnachten in einem – ach ne, noch schöner“ strahlt Steffen. Jetzt lernen wir erst Qbi und Micah kennen, die mit uns aus ihrem 5er Team eine 7er Seilschaft machen. Im Nachstieg sind Riss und Wand purer Genuss und oben begrüßt und dann die ganze Gang des FDGB, den Freunden des gedoppelten Bulins. Wie sich rausstellt, kennt man sich. Sie kennen Henning aus Berlin und beim Radiointerview zum Boofen vor wenigen Wochen waren es doch glatt die gleichen Bergfreunde, die Paula und Jojo getroffen haben. Wir haben einen Riesenspaß auf dem Wächter, sind dankbar und immer noch am Grinsen. Und wir erfahren, dass es die Chance nur gab, weil es Stau am Friensteinkegel gab. Skuril, dass man sich am schwersten Gipfel im Gebirge anstellen muss! Um 3 sind wir alle unten und die Jungs beraten, wie der angebrochene Nachmittag weitergehen soll. Voll gespannt hören wir zu und sind innerlich schon wieder am Grinsen. Natürlich erahnen sie, was wir nicht zu fragen wagen… Das Angebot kommt prompt.

Also nix wie hin zum Friensteinkegel, drüben sind Svante Neumann und Familie grade am Losziehen. Der Kegel ist nicht einfach nur schwer. Für den Alten Weg (VIIIa o.U. VIIIc) braucht man einen starken
Vorsteiger, einen großen Baumenschen, einen Sicherer vom Absatz, einen Sicherer vom Sporn (Schwebe) und einen Fotografen. Vom Wanderweg aus muss man 10 m hoch auf einen kleinen Sporn am Massiv klettern, von dort aus 30 m runter auf den großen Absatz am Kegel, um dann mittels Baumensch in die schwere Wand einzusteigen. Wie die Ameisen sortieren sich die fünf FDGBs und Steffen und ich überlegen, an welcher Stelle wir sinnvoll zu einem Gipfelerfolg beitragen können. Da es droht, wieder spät zu werden bis alle 7 oben sind, bereiten wir alles für den schnellen Rückweg vor. Statt danach wieder 30 Meter aufs Massiv zu klettern, könnte man auch einfach ins Tal abseilen… Wir packen also 7 Rucksäcke, was sich als einigermaßen kompliziert rausstellt, wenn man die Rucksäcke seiner Kletterpartner noch nicht kennt und deutlich mehr als 7 Rucksäcke, Schuhe und weiteres Material am Lagerpatz liegen. Wir sammeln alles ein und hoffen, weder zu wenig noch zu viel mitgenommen zu haben. Die 7 Rucksäcke werden nun auf den Sporn gezogen, um auf der anderen Seite
30 Meter wieder runter auf den großen Absatz gelassen zu werden, an dem wir beim Abseilen ins Tal vorbeikommen. Beim siebten Rucksack haben wir endlich so viel Übung, dass alles ohne Probleme klappt. Nun aber wird es spannend. Vorsteiger und 3 weitere FDGBs sind schon auf dem Gipfel – man sah das schwer aus. Ohne Baumensch wäre es VIIIc für die ersten 4 Meter – aussichtslos. Also mit dem menschlichen Fahrstuhl bis zum Ring. Und hier gibt es den einzigen Griff der für Kletterer im siebten Grad als solcher durchgeht. Alles andere ist mehr oder minder gewellter Sandstein mit einer zumindest scharfen Kante. Nun also gilt es sich an dieser emporzuhangeln. Puh schwer. Stück für Stück leuchten die Fingerkuppen etwas kräftiger in rosa. Für angeblich VIIIa mühen wir uns empor und klatschen ab. Heute muss es einen Klettergott gegeben haben, der uns reich beschenkt hat. Zum Abschluss noch eine herrliche Abseile und wir sind durch. Es ist schon spät aber noch hell. Hier geht heute nix mehr. Danke an euch wunderbare FDGBs für das tolle Erlebnis und bis zum nächsten Mal!

Ein Tag bleibt uns noch, aber nur schwer kommen wir früh aus dem Bett. Immerhin ist Treff erst um 9 im K-Tal mit Steffens Pirnaer Klettertruppe. Nach einem gemütlichen Frühstück an der Elbe treffen wir Pierre, Jonas, Uwe und Ute. Es geht zum Brückenturm. 2-Sterne-ZuckerVIIa versprechen KleFü und der Anblick des Weges. Von der Zwillingsstiege ging der Blick schon öfter dort rüber. Steffen ist schnell angezogen und los gehts. Was nach den letzten 3 Tagen mit schnell auch immer noch so machbar ist. Am ersten Ring stockt es – hoch und runter. Ist ungemütlich hier. Ute hält es unten nicht länger aus und macht sich in den Alten Weg. Von unten erscheinen ihr die Risse und Kamine machbar. Doch schnell stockt und flucht es auch dort. Für die Nerven gibt es ein Seil von Steffen von der Seite – für ihn eine willkommene Ablenkung. Ute ist über das komische Stück drüber und kommt nun allein weiter. Jetzt muss Steffen doch mal losklettern. Sein rechter rechter Platz ist leer, er wünscht sich jetzt den Pierre
hierher – hex hex. Unterstützt auf der Schulter beim Pierre geht es nun weiter, bis zu einem Absatz über dem zweiten Ring. Nach etwas Zaudern muss er einsehen – Körper und Geist wollen nicht mehr. Ute
reicht das Seil von oben und nun haben bei beiden Seilschaften vog drin stehen. Wie sind die nur hier hoch gekommen…

Paula und Steffen

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