Wenn der Vater mit dem Sohne Teil 4
oder: von netten Menschen und guter Planung
Es war einfach mal wieder dran, ein sportliches Wochenende Vater-Sohn-Wochenende, das letzte ist schon ein bisschen her (siehe hier). Der Plan ist schnell umrissen: Lilienstein, Honigsteine, Gamrig.
Wie immer habe ich am Freitag gegen Mittag Schluss gemacht, eingekauft, Moritz eingesammelt und ab ging die wilde Fahrt. Die Bahn war frei und so liefen wir gegen 17:00 vom Parkplatz hoch zum Fuße des Liliensteins. Ich hatte zwar mit der kompletten Westkante geliebäugelt, mich aber von den Kommentaren zum Ausstieg auf teufelsturm.de abschrecken lassen und so stand der Ausstieg über die Kneifervariante auf dem Plan. Am Einstieg lag ein Gurtzeug von dem ich dachte es gehört zu Ingo, dass stellte sich aber als Irrtum heraus. Ein älterer Mann in meinem Alter gehörte dazu, der mal schnell einen Weg hoch Solo ging während er befreundeten Kletterern gute Ratschläge gab. Uns doch egal, Moritz machte sich fertig und stürmte in Richtung ersten Ring, natürlich hat er mich an der Kanzel vorher nachgeholt.
Vom 1. Ring weg über die Reibungswand zum 1. Wandbuch war dann mein Job, der so richtig Spaß gemacht hat. Die Kletterei ist moderat, die Aussicht unglaublich und das Wetter vom Feinsten, was will man mehr. Als wir am Wandbuch standen kam wieder dieser ältere Herr vorbei, abermals hatte er Seil und Gurt vergessen!!!
Er stieg am Buch direkt gerade hoch und wenn der Klefü nicht lügt ist das der Weg Iris (VIIIa), uns klappt die Kinnlade runter. Selbst wenn das die NW-Verschneidung wäre, reden wir hier immer noch über eine exponierte VIIb. Moritz ging von hier aus über das zweite Wandbuch und eine nette Ausstiegs-Verschneidungs-Wand hoch zur Aussicht. Die Sonne ging langsam unter und so konnten wir den Ausblick nur kurz genießen, der Heini sollte noch dran glauben. Theoretisch, sprich in der heimischen Badewanne mit einem Klefü in der Hand geht so etwas ja ziemlich schnell, lediglich die Realität hatte andere Pläne. Den Bergweg (II) zu finden war eine ziemliche Expedition durch Müll, Brombeeren und feuchte Schlotten. Letztendlich sind wir aber angekommen und Moritz hat sich den Weg geholte. Der Gipfel ist wirklich nur was für Sammler, immerhin war das Gipfelbuch von 1975.
Wir haben uns nicht lange aufgehalten, sind abgeseilt, haben unsere Sachen gepackt und waren dann pünktlich im Dunkeln auf dem Weg zur Boofe im Diebskeller. Hier lungerten schon zwei Tschechen mit ihrer Shisha herum, was ja beim vorhandenen Platz kein Problem darstellen sollte. Da Moritz von einem etwas übermotivierten Weihnachtseinkauf seiner WG noch etwas Glühwein übrig hatte war der Rest des Abends gerettet.
Lange ausschlafen war nicht geplant, also hatten wir uns einen Wecker gestellt, die Tschechen auch. Die wollten das Gebiet um die Steinschleuder unsicher machen, uns Zug es zur Gruppe an der Lok, wo ich noch ein paar Gipfel zum Wegräumen übriggelassen hatte. Zur Vorspeise sollte es die Ostkante VI* am Talwächter geben. Hier hatten wir schon einmal vorgestanden und uns letztendlich für die Lok entschieden, der aufmerksame Leser wird sich erinnern. Moritz ging auf den Pfeiler vor, ich durfte mir die Wand erobern. Mittendrin dachte ich, der Wind will mich runterwehen, hat aber alles wunderbar geklappt. Wir genossen die Aussicht und peilten schon die Honigsteinscheibe an, die sich Moritz dann über die NO-Wand (VIIa in meinem, VI im neuen Klefü) schnappte. Ein klasse Weg in dem mir ein Monstergriff wegbrach und ich mich kopfüber im Seil wiederfand. Zum Glück ohne irgendwelche Blessuren. Als wir uns weiter zur Honigsteinnadel machten wurde es langsam warm. Am Imker fanden wir einen Topropekurs, der das zwar felsschonend arrangiert hat, aber muss das wirklich sein? Sollen die doch in der Halle turnen. Am Turm angekommen schnippte ich den SW-Kamin IV worauf Moritz an der Honigsteinnadel den NW-Weg VI einsammelte. Als ich mich für den Nachstieg fertiggemacht hatte und schon eingebunden die 2 m zum Einstieg gehen wollte, brach unter meinem Fuß ein Stück Fels, so dass ich eine Sonne schoss, die sich gewaschen hat. Diesmal landete ich etwas schmerzhafter mit dem Hinterkopf an einem Stein, Sch… Wie auch immer, hilft ja nix, die Wege wollen ja beschritten werden. Moritz Blick hing schon die ganze Zeit auf dem direkten NW-Weg VIIc, den er sich dann v.o.g. auch noch holte. Mein väterlicher Respekt ist ihm sicher. Wir wurden langsam hungrig, uns (mir) fehlten hier auch nur noch die letzten beiden Gipfelchen und so beschlossen wir schnell hoch zu latschen um Mittag zu machen. Mittlerweile war der Wind vollständig abgeflaut und die Sonne tat ihr Bestes, sodass wir nach einer kleinen botanischen Expedition auf der Schattenseite des Storchnests durchgeschwitzt unsere Sachen bis auf die Unterhosen auszogen. Wärend ich das noch alles zum Trocknen auf einem Baum drapierte kletterte Mo etwas rum und war unversehens über den AW III auf dem Gipfel angekommen. Das konnte ich nicht auf mir sitzen lassen, also hinterher. Wie nennt man so eine Begehung, hnFS (halbnacktes Free Solo)?? Der Bienenkorb mit sein AW II wehrte sich dann auch nicht mehr gegen unsere FS-Begehung und so blieb uns nix weiter übrig als zum Nachtisch zur Feldwand zu latschen, die über den AW I mit allem Geraffel FS erstürmt wurde. Schnell abgeseilt und ab in die Boofe, muß ja nicht immer so spät werden. Wir wollten nach dem Abendbrot gerade chillen, als zwei Stirnlampen durch den Wald auf uns zukamen. Es waren Ralph und Bärbel, die mit einer Flasche Rotwein bewaffnet zu Besuch kamen. Die beiden haben ja ihre Blechboofe, wussten aber von Biene, dass wir hier in Rathen klettern sind, nette Überraschung. Als der Wein zur Neige ging und die beiden gerade aufbrechen wollten war abermals das markante Licht von Stirnlampen zu sehen. Dieses Mal waren es Otto und Qbi, die meinen Volvo oben gesehen hatten. Was soll ich sagen, mit so viel netten Menschen in einer Boofe kann man gar nicht früh schlafen gehen und es gab ja auch noch die eine oder andere Klettergeschichte zu erzählen. Zudem wollte der kommende Tag ja auch noch ordnungsgemäß geplant sein.
Der Sonntagmorgen war dann gar nicht so schlimm, alles ins Auto geworfen und um 10:30 standen wir fertig am Gamrig. Irgendwie steckte mir das ganze Felsausbrechen von gestern noch im Kopf, ich konnte mich nicht wirklich freimachen. Und so stieg Moritz den Heidebrüderturm über den AW IV! vor, ich holte danach den Rippchenweg II am Waltersdorfer Horn. Am Heidestein hatte sich eine größere Gruppe eingerichtet und da Moritz schwer motiviert war stieg er in die Abendreibung VIIa ein und ich hinterher. Ja, ja, auch aus Kindern werden Leute. Jetzt war der Bengel gar nicht mehr zu halten, es ging Schlag auf Schlag: Gamrigwächter Sprintvariante VIIa und Gamrigkegel Südweg V* folgten hurtig. Ich durfte dann noch den Faden über den AW III auf die Gamrigscheibe ziehen und eigentlich war damit alles Geplante getan, wäre da nicht…. Der Weg am Rande VIIc gewesen. Es war ja noch früh, der Kleine noch motiviert und so stürmte er den Weg so schnell v.o.g. hoch, dass er sich gleich darauf noch an den Vorstieg wagte. Was soll ich sagen, er hat es getan. Ich konnte nur noch gratulieren und mich an den Nachstieg machen, den ich mit etwas Kampf dann auch hinbekommen habe, an einen Vorstieg würde ich nicht denken.
Was für ein würdiger Abschluss für ein irres Wochenende. Ich kann mich noch gut an den ersten Vorstieg von Moritz an der Zyklopenmauer Ostweg II mit Ingo erinnern (siehe hier), dieses Wochenende hier war ein ganz anderes Kaliber. Freue mich schon auf die Fortsetzung.
Chrille und Moritz vom 17. bis 19.05.