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Post Corona II - An der Grünen Zinne

Grüne Zinne mit attraktivem Talweg und attraktivem Kletterer im AbendlichtNach dem guten Jahresauftakt im Februar im Brand hätte es so schön weitergehen können. Doch kurz danach begann die allumfassende Kletterpause. Mit dem Frühling im Kopf und zunehmender Sehnsucht nach Fels im Herzen verfolgten wir die Nachrichten. Als wir beim Studium der jüngsten Corona-Verordnungen des Freistaates zur Einschätzung kamen, dass vieles wieder möglich ist, solange man einen Hygieneplan vorweisen kann, war unser beider Entschluss schnell gefasst.

Freitagabend rollten wir beim ersten Abendsonnenschein auf den halb gefüllten Bielatalparkplatz. Ein Blick auf die Hinweisschilder bestätigte, dass hier die Schweine Pest offenbar das größere Problem darstellt. Kurze Zeit später warfen wir das Gepäck in die Boofe an der Grünen Zinne und zogen die Klettergurte an, weil heute Abend noch was gehen sollte. Der Talweg (III) an der Zinne, die nach dem Freischneiden gar nicht mehr so grün ist, machte sowohl Roland im Vor- als auch mir im Nachstieg viel Freude. Das war genau das Richtige für den Auftakt. Dankbar durchatmen auf dem Gipfel, die Weite und die Stimmung genießen. Der schöne Blick vom Gipfel Richtung Děčínský Sněžník zeigte schon das erste Abendrot. Das imaginäre Gipfelbier leerten wir dann auf der benachbarten Herbstspitze, die wir über den AW (III) erreichten. Das echte Bier hatten wir leider unten vergessen.

 

Mal (in) ein Buch schreiben! Griesgram außen, jubilierend innen. Abendrot überm Sněžník, Abendgrün an der Zinne!

Dann ging’s zurück in die Boofe, das Bohnenpfännchen geriet trotz mangels Übung vergessener Zutaten ganz passabel, so dass wir es uns gemütlich machen konnten. Wir genossen den Blick in den klaren Nachthimmel und verschwanden angesichts der überraschend anziehenden Kälte schnell in den Schlafsäcken.

 

So schön - Aufwachen im Wald I So schön - Aufwachen im Wald II So schön - Erwachen des Waldes III

Von der Sonne geweckt zu werden und dem Wald beim Erwachen zuzuhören, wahrzunehmen, wie sich der Geruch mit zunehmender Intensität der Sonne wandelt – oh, wie habe ich das vermisst. Das Frühstück gingen wir gemütlich an, ließen uns das warme Licht auf Haut und Seele scheinen. Das Bielatal im Frühling mit dem hellgrünen Birkenlaub und den roten Jungzapfen auf den Fichten ist immer wieder schön.

 

Boofen-Frühstück I - Aufschneider! Boofen-Frühstück II - Lecker Ei ohne Pils! Boofen-Frühstück III - Prost Kaffe!

Nach dem zweiten Kaffee hatte ich den Elan, moderat an meiner Vorstiegsmoral zu arbeiten. Klettertechnisch ist der Bergweg (I) auf den Osterkegel keine Herausforderung, aber die Höhe über Tale ist dann nach dem leichten, eher horizontalen Zustieg doch schon beachtlich. Vorm Abseilen dann kurz zum sich füllenden Nachbargipfel gewinkt - nur die Jüngste der Seilschaft winkte zurück und erntete prompt Kritik der Alten („Warum winkste da, die kennen wir nicht!“). So kann’s gehen, im Wald, unter Menschen.

Anschließend holten wir uns noch die 85. Begehung auf der Putzkolonne (V) an der Grünen Zinne und meinen ATC wieder vom Gipfel, den ich gestern vor lauter Verzückung dort gelassen hatte. Die Hauptschwierigkeit dieses Weges liegt rund um den dankbarer Weise gesetzten Ring, der Ausstieg ist dann in vom Talweg bekannter Weise gängig.
Kurz darauf standen wir noch auf dem Gipfel der benachbarten Biealazinne, den wir beide frei im Auf- und Abstieg über den AW (I) erreichten. Ohne große Kletterschwierigkeiten bekommt man hier schon mal ordentlich Luft unter die Füße und im Abstieg etwas Training für die Moral.

 

Wir winken zur Bielazinne. Nur Eine winkt zurück. Auf der Grünen Zinne - Blick ins Bielatal Klettern im Alter: Männer mit Brillen auf Gipfeln.

Fotobeweis - vor 25 Jahren traf Pü den Yeti hier oben. Fotobeweis - vor 25 Jahren traf Pü den Yeti hier oben. Klettern und Altern: Ein Gipfelbuch - fast so alt wie ich.

Dann hieß es langsam an die Rückfahrt denken. Beim Abstecher auf dem Weg zum Juliturm entfaltete der Blick auf den Nordwestriß (IV) des Grauen Turms soviel Anziehungskraft, dass wir (Roland im Vorstieg) einsteigen mussten. Nur kurz klemmt die Hand, den Rest hangelt man eher an und nach zwei, drei Zügen im unteren Teil liegen die IVer Stellen hinter einem.

Dem Juliturm stattet wir auch noch einen respektvollen Besuch ab, versuchten den AW (V) zu verstehen, hatten aber diesmal nicht genügend Traute, der Theorie auch einen praktischen Versuch folgen zu lassen.

In der Nähe des Parkplatzes hätte es auch noch ein paar Gipfelziele gegeben. Wir beschlossen aber, denn entspannten Tag auch so ausklingen zu lassen, bestellten Schnitzel mit Spargel in der Ottomühle und blinzelten durch die lichtdurchfluteten Blutahornblätter in die Abendsonne.

So einen Tag und eine Nacht draußen mit entspanntem Genussklettern rund um die Boofe haben wir beide dringend gebraucht.


Lars
15.05. – 16.05.2020

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