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Wettersteiner WegWettersteiner Weg,
ein Bericht von qbi

Das erste Mal hörte ich von dem Weg durch das unliebsame Erlebnis des Dr. Poop. Lustiger Name, weniger lustig dass er beim Kopfklemmen den festen Halt der Füße unter einem Überhang verlor und recht unwürdig und schmerzintensiv in einem Rissdach zur Bewegungsunfähigkeit verdammt war. Ich gebe gerne zu, dass solche Geschichten meine Fantasie beflügeln und nun stehe oder besser gesagt hocke ich genau vor dieser Stelle.
Heiko hat zum Projekttag gerufen und der Wettersteinerweg ist das Ziel.

Geballtes Adrenalin schwängert die nicht zu kühle Luft, allein meines hätte dazu ausgereicht. Heiko hat sich eingebunden, Dirk schon mal vorsorglich eine Dickschlinge im Rissdach gelegt die den Verlauf eines unbeabsichtigten Abbruchs positiv beeinflussen soll.
Wettersteiner WegNa dann, los. Heiko steigt auf Dirk, der ihm vorwiegend als Tritt dient und ich stehe am Ring und sichere während der Vorheld mutig ins Rissdach gleitet. Oh Mann, steck da bloß deinen Kopf nicht zu tief rein. Heiko schnauft und rauft sich an die Kante und ist auf sich allein gestellt, wir sehen nur noch seine Füße die sich jetzt 20 Meter über dem Wanderweg befinden. Auf dem Band am Ring herrscht die Sorte Stille bei der jeder Atemzug zu hören wäre. Plötzlich rutschen Heikos Füße weg- kurzzeitig baumeln sie durch die gute sächsische Mittagsluft- was der Aspirant gekonnt abfängt und mit einer beginnenden Nähmaschine quittiert. Das Restteam ist zur Handlungsunfähigkeit verdammt und ich bin stockstarr. Wenig später ist die Nähmaschine Geschichte und Heiko freut sich über eine solide wirkende Knotenschlinge bevor er aus unserem Gesichtskreis verschwindet. Zielstrebig läuft das Seil und bald schon ist der erste Ring erreicht. Ok, das war aufregend.
 
Wettersteiner WegWettersteiner WegSchnell wird Dirk zum Ring beordert und von dort geht die Reise in schöner Kletterei weiter zum 2. Ring. In der Zwischenzeit sind einige Wandersleute durchaus interessiert den Bestrebungen der in der Mittagshitze agierenden Burschen gefolgt, es werden Fotoapparate gezückt und die üblichen Fragen gestellt die glücklicherweise durch die Bodenmannschaft Beantwortung finden. Obwohl ich auf dem schattigem Band sitze ist mein Mund staubtrocken als ich an der Reihe bin. Alles klar, überhängender Riss- haste ja so gewollt. Wenn ich das nicht bringe bedeutet dies sich nicht nur Schürfwunden und ein willkommenes Fotomotiv, sondern dank der Seildehnung auch das ich den Riss nicht mehr erreiche und damit raus bin, hoffentlich reicht das Seil dann wenigstens bis zum Boden.
Sei’s drum, losklettern und so schnell wie möglich durch. Zu meiner Überraschung geht das Ganze mit Seil von oben gut und der Riss bietet reichlich Griffe. Schnell bin ich bei Dirk und kurz danach bei Heiko am 2. Ring. Die Sonne hat hier schon ihren Dienst verrichtet und verschwitzt stehen wir beide nebeneinander und beratschlagen wie es weiter geht. Der dräuende Riss mach hier einen komischen Rechtsknick und so versuche ich Heiko ein guter Baumann zu sein. Kurz darauf steht dieser auf meinem Kopf und hat das linke Bein solide im Riss verkeilt, tritt auf die rechte Wand und hebt ab. Allerdings stellt sich der gewünschte Höhengewinn nicht wirklich ein, etwa einen Meter über mir stockt die Aufwärtsbewegung und die nun folgende Kommunikation macht mir deutlich, dass ein beherzte eingreifen meinerseits erwünscht ist um zurück zum Ring zu gelangen. Oh Gott ,Oh Gott- wie den nur. Vollständig ausgestreckt erwische ich Heikos rechten Fuß und geleite ihn auf meine Schulter. Die Situation entspannt sich nur kurz, das linke Knie klemmt im Riss und lässt sich nicht lösen. Ruhig bleiben, atmen. Irgendwie wird das Knie befreit, ich weiß nicht mehr genau wie. Zurück am Ring ist klar wie viel Kraft und Moral eine solche Aktion frisst. Wettersteiner WegHeiko ist rechtschaffend müde und nach der eben erlebten Performance habe ich nicht so viel Lust es zu probieren. Wir holen Dirk zum Ring der in der Zwischenzeit geduldig dem Treiben über ihm beigewohnt hat. Nach kurzem Umbau legt Dirk los und im zweiten Versuch rauft er sich durch das Rissstück zum nächsten Ring, holt Heiko nach und ich verbleibe in der Gluthitze der frühen Nachmittagssonne und sichere den unsichtbaren Dirk. Den Gesprächsfetzen und den Atemgeräuschen zu folgen ist es dort oben auch noch mal schwer, super. Schnaufen, das Seil gleitet 20cm nach oben, weiter gutturale Geräusche- das Seil kommt ein wenig zurück, wird wieder nach oben gezogen und ich höre das vertraute Geräusch eines Karabiners. Verhaltener Jubel von Heiko und danach wieder Stille und schnaufen. Wenn man einen Vorstieg ohne visuellen Kontakt sichert bleibt einem noch die eigene Vorstellungskraft, das muss nicht immer gut sein. Das Seil läuft jetzt schneller durch die Sicherung und auf dem Wanderweg tummeln sich neben Tina und Anna auch Thomas, Patrick und Otto die den Gipfel über den Alten Weg erreicht haben und sich nun den Annehmlichkeiten des Mitgeführten Proviants zuwenden. Zum Glück hab ich’s ja schön warm.
„Kannst raus gehen, Stand“ höre ich es von verdammt weit weg. Dirk ist auf dem Gipfel.
Während mich Heiko zu sich nachholt kann ich mir eindrücklich vorstellen wie man sich fühlt wenn das Knie unbeweglich im Riss hängt und man in dieser Position auf die Wipfel der Bäume am Wandfuß starrt. Die Kletterei an sich fetzt. Am letzten Ring darf der Proband auch noch mal zeigen ob er Handrisse klettern kann und dann folgen leichtere Meter zu einem glücklichen Dirk. Gut gemacht, sehr gut sogar- alle beide.
Das Gesamterlebnis wird auch nicht durch die Abwesenheit einer wohltemperierten Cocktail Bar auf dem Gipfel geschmälert die wir uns so sehr gewünscht hatten, im Rucksack steckt ja noch das gute Plastebier.

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