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Genussklettern für Fortgeschrittene Heidematz Gipfelfeier


Eigentlich stand die im Frühling übliche Gardaseefahrt bei uns an, jedoch zogen kurz vor der Abfahrt dunkle Wolken auf und wir mussten uns umentscheiden. Fünf Tage Dauerregen waren ein schlagendes Argument. Im Elbsandstein sah es besser aus, und im FdgB-Heim gab es noch freie Plätze – da fiel die Entscheidung nicht schwer.


Tag 1


Sonnabend früh trafen sich Micha und ich mit dem Heiko unter dem Heidematz am alten Wildenstein. Bevor der lang ersehnte Soldatenriss angegangen werden konnte, gab es Frühsport an der Wildensteinscheibe, die uns mit ihrer Südrippe gleich auf Betriebstemperatur brachte. Die besagte anstrengende Rippe ließ gleich meine Knöchel bluten und führte zu einem unangenehmen Ausstieg über die Ostkante. Nach zwei, drei Boulderzügen und erhöhter Herzfrequenz war der erste Gipfel unser. Dann ließen wir es mit der Heidewand und dem Steinbachturm etwas gemäßigter angehen.

Südrippe an der Winterbergscheibe
Nun blieb nur noch der beeindruckende Soldatenriss. Mit allerlei Sicherungsmaterial behangen klemmte ich mich erst den Handriss, dann den Faust- und schließlich den finalen Arm- und Fingerriss hinauf. Da der Ring recht weit oben steckte, hieß es, die Übersicht zu behalten. Da sich ausreichend Sicherungen legen ließen, gelang das auch ganz gut und schon saß ich oben und freute mich über diese schöne Geburtstagsroute. Heiko stieg dann, etwas gewagt, kurzärmelig ein, was zu weiterem Blutverlust führte. Auch Micha kämpfte sich nach oben. So saßen wir dann gemeinsam auf dem Gipfel, wenngleich wir anscheinend beim Genussfaktor der Tour unterschiedlicher Ansicht waren (wie ich den Kommentaren der beiden zu entnehmen glaubte).

Frank im Soldatenriss am Heidematz
Abends im FdgB-Heim warf Heiko den Grill an, es gab Bratwurst, Eierlikör, Champagner und Bier und MDR-Sachsenradio. Es war eine schöne kleine Sause zu meinem 53. Irgendwann kam dann die Idee auf, beim Sachsenradio anzurufen und einen Musikwunsch zu äußern. Nachdem Tina mit einem zweiten Anruf diesem nochmal Nachdruck verliehen hatte, klingelte dann tatsächlich das Telefon und unter lautem Gejohle wünschte ich mir „Anna – lass mich rein, lass mich raus“ von Trio beim recht amüsierten Moderator. Der Titel wurde umgehend gespielt, während in der Hütte munter das Tanzbein geschwungen wurde. Was für ein schöner Abend!


Tag 2


Am nächsten Morgen fuhren Micha und ich in den Kleinen Zschand, zu den Winterbergspitzen. Gleich drei Jahreserste konnten wir dort absahnen. Nach Aufwärmübungen am Doppeltürmchen genossen wir die herrlichen Klettereien an der Oberen und Unteren Winterbergspitze (AW und Talkante) und fürchteten uns die Nordrampe an der Winterbergscheibe hoch. Noch so ein schöner Tag!

                                            Die Jahreserste auf dem Doppeltürmchen                               Talkante an der Unteren Winterbergspitze


Tag 3


Am Montag stiegen wir ins Schmilkaer Gebiet hinauf, um die drei Fünf Gipfel zu besteigen. Der Parkplatz war bemerkenswert leer, die Sonne stand hoch am Himmel und nach emsigem Gesteige gelangten wir zum Steinlochwächter, der zwar nicht sehr groß, dafür aber doch recht anspruchsvoll war. Gar nicht so einfach der Brocken (Gipfelbuch von 1973)! Dann ging es rüber zu den Fünf Gipfeln, die beim Näherkommen immer höher in den Himmel wuchsen. Beeindruckend! Leider etwas zu beeindruckend. Sämtliche Wege sahen einschüchternd und unangenehm aus, insbesondere die Kamine. Gottseidank entdeckte Micha den Westweg auf den Nordwestturm. Der war zwar auch ganz schön hart für den fünften Grad, aber es kletterte sich wunderbar. Beim Umstieg vom Kamin auf die Rippe musste man mal die weit untenliegende letzte Sicherung ausblenden. Die Kletterei war wunderschön und führte zum schindigen Ausstiegsriss, der linksseitig überhaupt nicht gehen wollte. Andersherum ließ er sich aber problemlos machen. Als wir dann beide von oben in den Ausstiegsriss des AWs blickten, lief es uns eiskalt den Rücken runter. Gut, dass wir da nicht eingestiegen waren. Was die Herren Schuster, Meurer und Böhme damals geleistet haben, ist wahrlich grandios.
Hut ab, nachträglich!

Der Ausstiegsriss an den Fünf Gipfeln Nordwestturm
Per Übertritt kamen wir auf den Nordostturm und als kleines Sahnehäubchen gab es noch den AW des Steinlochturmes, der für einen Einser auch nicht geschenkt war. Wir hatten schon leichtere Dreien geklettert. Sicherlich wäre es interessant, in diesem Gebiet mal eine Vorstiegsleistungskontrolle für Sportkletterer im vierten/fünften Grad durchzuführen. Da würde sich sicherlich ganz schön viel Spreu vom Weizen trennen. Das Abendessen nahmen wir in der Schrammsteinbaude ein.

Blick auf drei der Fünf Gipfel vom Steinlochturm aus.

Dann war ein Ruhetag angesagt (Tag 4).


Tag 5


Am Mittwoch trudelte das nächste Geburtstagskind ein. Der Tom reiste an. Als Geburtstagsklettergebiet hatten wir Rathen ausgewählt, wo aber wegen des schönen Wetters schon der Bär steppte und der Parkplatz nur per Shuttlebus erreichbar war. Zwölf Euro fürs Parken plus der Busfahrkarten durften wir löhnen. Klettern – ein exklusiver Sport!
Nach einigen Schwierigkeiten fanden wir die Echse und wählten den Bequemen Weg auf den Gipfel. Von dort mussten wir wieder abklettern und konnten via Übertritt den Habicht einsammeln (33. Begehung!)

Übertritt zum Habicht

Die nahegelegene Kanzelscheibe wurde auch noch mitgenommen. Dann stand der Axelturm auf dem Programm. Trotz der zwei Sternchen sahen die ersten Meter der Mäxlvariante durchaus ehrfurchtgebietend aus (und der Ring steckte ganzschön weit oben!) Also behängte ich mich mit allem, was der Rucksack hergab und stieg in das gute Stück ein. Da musste man sich durchaus mal gut festhalten, da die ersten zehn Meter ordentlich steil waren. Weil sich am Boden unter der Route allerlei feiner Sand angesammelt hatte, schloss ich, dass der Gipfel wohl nicht für alle Ewigkeit dort stehen würde. Demzufolge erzeugte es einen gewissen Nervenkitzel, die kleinen Löcher zu greifen und darauf zu vertrauen, dass sie hielten. Nach zwei, drei guten Schlingen hatte ich dann aber endlich den Ring und der Genussteil konnte beginnen. Die zwei Sternchen waren wirklich berechtigt, es war ein echt schöner Weg! Leider kam mir dabei meine Glücksschlinge abhanden. Der Abend endete in der Laterne, der Nummer Eins unter den Asialokalen in Lohmen.

Tom in der Mäxelvariante vom Axelturm


Tag 6


Am Donnerstag war dann weiterhin Abwechslung Trumpf, denn wir fuhren diesmal zum Pfaffenstein. Es sollte ein Plaisir-Tag mit ausschließlich leichten und entspannten Routen werden. Doch schon an der Steinernen Scheune wurde es unangenehmer als gedacht. Statt einer leichten Kraxeltour musste schon wieder ordentlich zugepackt werden. Mangels Lust, mich anzustrengen, baute mich Tom im Buchenweg, einer Variante des Südweges. Beim Abseilen schürfte sich Micha heftig die Handknöchel auf, sodass seine Kletterlust ein wenig abebbte. Das fing ja gut an!
Für den Einsiedler meinte Tom sich zu erinnern, dass Chrille ihm den AW empfohlen hätte.

AW a Einsiedler
Er hatte von der Schönheit und Leichtigkeit des Kletterns dort geschwärmt. Das setzte sich bei mir im Kopf fest und obwohl der Weg von unten gar nicht so genussig aussah, startete ich wohlgemut (und mit schweren Gliedern) in den Einstiegsriss. Schon die Querung dorthin war ziemlich anstrengend. Im tiefschwarzen Gestein wühlte ich mich weiter hoch und dachte bei mir, was der Chrille doch für ein harter Hund war. Etwas ratlos stand ich dann auf Abflug auf einer tiefgrünen „Reibung“ und fummelte halbseidene Sicherungen in flache Spalten. Vorsichtshalber klippte ich den Ring der benachbarten Einstiegsvariante, um wenigstens einmal durchatmen zu können. Nach rechts querend wurden die „Tritte“ immer windiger und die Züge immer waghalsiger. Wirklich eine kuhle Sau der Chrille! Am Ende der ansteigenden Flechtenreibung begann dann ein aufwärts gewandter Riss, in dem ich zwei weitere moralische Sicherungen versenken konnte. Nun kam doch tatsächlich ein etwa drei Meter langer Genussteil mit guten Griffen und Tritten, in dem erstmals eine hundertprozentige Schlinge lag. Der Riss erweiterte sich stetig führte zum Ring und so konnte ich mich etwas erholen. Beim Blick nach oben verging mir allerdings die Freude, denn ein etwa acht Meter hoher grüner Schulterriss führte zum Ausstieg. Das Sicherungsmaterial und den Gurt hätte ich auch ins Tal werfen können. Jetzt wurde es ernst! Linkes Knie rin und ab die Post! Doch Oh Weh!, mit links ging es nicht gut. Das rechte Knie wäre besser geeignet gewesen. Jetzt hatte ich die Auswahl zwischen kontrolliertem Abrutschen zurück zum Ring oder einem Kniewechsel im Riss. Ein Blick in die Tiefe verhieß nichts Gutes, sollte eines von beiden schiefgehen. Da ich beidhändig einen ganz passablen Absatz greifen konnte, erschien mir der Kniewechsel als geeigneter, zumal ich ansonsten den ganzen Mist nochmal hätte hochschrubben müssen, den ich gerade erfolgreich hinter mich gebracht hatte. Also einmal tief durchgeatmet, linkes Knie raus und rechtes Knie rein. Uff! Das fühlte sich besser an. Im Zirkus haben sie wenigstens ein Netz drunterzuhängen. Was war der Chrille doch für ein Teufelskerl! Schrubb, schrubb, schrubb ging es weiter hoch und wurde nicht einfacher. Der Ring war mittlerweile gefühlt zwanzig Meter unter mir. Aber mit einem Knie im Riss kann man ja nicht fallen, wie wir wissen. Das rief ich mir immer wieder ins Gedächtnis und schaffte irgendwie den rettenden letzten Zug auf den Gipfel.
Das war so eine Tour, in welcher der Nachstieg auch etliche Freuden des Vorstiegs beinhaltete. Tom kostete das von der ersten Sekunde an aus, er schnaufte und seufzte, dass es eine Pracht war. Micha hatte sich mittlerweile in Schwebeposition begeben, da ein Sturz einen Aufschlag im Blockgelände nach sich gezogen hätte. Mit wilden Zügen überwand er die kritische Passage und konnte sich fluchend über den Reibungsteil retten. Im Schulterriss gab er nochmal alles und kam schließlich etwas blass um die Nase bei mir oben an. „Das war der haarsträubenste Nachstieg meines Lebens!“ Willkommen im Elbi!

Einstiegsriss am AW des Einsiedler
Beim Blick ins Gipfelbuch erfuhren wir, dass Chrille mitnichten den AW gestiegen war, sondern die Nordkante, eine Sternchen-Sechs. Irgendwie muss da bei der Kommunikation etwas schiefgegangen sein. Weiterhin besagte das Gipfelbuch, dass wir die dritte Vorstiegsbegehung des Weges der letzten fünf Jahre gemacht hatten. Genussklettern wird halt unterschiedlich definiert.
Der Nasse-Schlucht-Turm wurde dann abgewählt. Es sah uns einfach zu anstrengend aus. Stattdessen wählten wir die die Nordkante an der Südlichen Pfaffenschluchtspitze, die zwar nicht schwer, für Vier aber auch nicht geschenkt war. Ich hatte anderswo schon leichtere Fünfer geklettert. Kurz vor der Totalen Entsaftung schleppten wir uns hinüber zum Quader, wo sich dann endlich der langersehnte Genuss beim Klettern einstellte. Die Kleine Bereicherung, eine Variante des Märzweges, beschloss unseren Kletterurlaub. In der Pfaffensteinbaude schlemmten wir dann, bevor es zurück zur Hacienda ging, wo nach und nach Gotschi, Milena, Felix und Antje eintrudelten. Am Freitag setzte dann Regen ein und so fuhren wir zurück ins große Moloch.

(Frank T. aus B., 19.4.2025)

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